Ich arbeite seit 5 Jahren offiziell als SEO-Texter. Ein Begriff, der in der Fachwelt keinen besonders guten Klang hat. Er steht für spammige Texte, die nur ein Ziel haben – bei Google ganz weit vorne in den Suchergebnissen zu landen. Das ist natürlich das, was mein Arbeitgeber von mir erwartet und wofür er mich bezahlt. Schreiben fürs Internet bedeutet aber nicht nur, die Suchmaschine zufrieden zu stellen. Die Leser sind es, denen wir etwas verkaufen oder mitteilen wollen. Menschen aus Fleisch und Blut. Ziel muss es sein, beides – also SEO und menschenfreundliches Schreiben – unter einen Hut zu bringen.

Wie es mit der Leserzufriedenheit aussieht, bleibt sehr oft im Verborgenen – insbesondere wenn man für Shops schreibt. Hier steht das Verkaufen im Vordergrund, die Texte werden von den Kunden kaum bis gar nicht bewertet. Bei Info-Portalen sieht es etwas anders aus. Aber wenn hier eine Kommentarfunktion fehlt, weiß man als Texter auch nicht so genau, wie der Beitrag ankommt. Hier kann man noch auf die Seitenverweildauer schauen. Ist die extrem kurz, stimmt mit dem Text etwas nicht. Bei den Rankings sieht es anders aus. Die lassen sich täglich live ermitteln. Dafür gibt es inzwischen diverse Tools, die einem dabei helfen.

Wie auch immer, irgendwie muss ein Texter im Auge behalten, was mit seinen Beiträgen geschieht. Das gute ist bei einem Onlinetext nämlich – er lässt sich jederzeit anpassen und ändern. Das ist im Printbereich anders – einmal gedruckt ist der Text für die Ewigkeit gemacht. Es wäre daher schade, wenn ein Onlinetexter diese Chance verpasst. Ich optimiere jedenfalls meine Texte ständig. Aufpassen muss man nur bei Beiträgen, die bereits gute Rankings haben. Die können bei einem Textupdate schnell verloren gehen.

So war es früher

Als ich angefangen habe zu schreiben, machte ich mir noch keine Gedanken über die Suchmaschinenoptimierung. Das war Anfang der 2000er-Jahre. Meine Beiträge landeten trotzdem sehr häufig auf vorderen Plätzen. SEO im Bereich Texten bestand damals hauptsächlich daraus, ein Keyword möglichst oft in einen Text zu packen. Auf den Sinn kam es weniger an. Googles Algorithmus war einfach noch nicht schlau genug, sinnvollen und unsinnigen Text zu unterscheiden.

Einige Google-Updates später sieht die Sache ganz anders aus. Plötzlich merkt die SEO-Gemeinde, dass sich der Suchmaschinenriese nicht mehr so einfach manipulieren lässt. Dass man richtig Arbeit in seine Inhalte stecken muss, damit sie wahrgenommen werden. Welche Überraschung. Ich habe es seit Beginn meiner Schreibkarriere so gehandhabt, dass ich Texte schreiben möchte, die meinen Lesern in irgendeiner Weise helfen. Alles andere wäre mir nie in den Sinn gekommen.

Ok, eine kurze Phase gab es schon, in der ich mich zu SEO-Schreib habe hinreißen lassen. Als ich meine Stelle als SEO-Texter angetreten habe und mein Chef meinte, ein Text müsse so und so aussehen. Heraus kamen gruselige Texte, die zwar in den Rankings stiegen, doch keinerlei Nutzen für die Leser hatten. Mittlerweile habe ich die Inhalte wieder alle so umgeschrieben, dass sie sich vernünftig lesen lassen. Den Rankings geschadet hat es nicht. Es funktioniert auch mit normalen Texten, hat es eigentlich schon immer. Zumindest bei mir.

Wie SEOs das Schreiben entdeckten

Kommen wir zu etwas, was mich tierisch aufregt: Jeden Morgen steht ein SEO auf und will der Welt erklären, wie man Texte im Internet schreibt. Liebe Leute, es gibt genügend Redakteure, die das können. Die das bereits gemacht haben, als ihr noch eure Seiten zugespammt habt mit sinnlosem Geschreibsel. Als ihr noch Links im Zehnerpack gekauft habt, um eure irrelevanten Seiten nach oben zu pushen. Als ihr noch Hausfrauen 2 Cent pro Wort bezahlt habt, damit sie für euch im Akkord schreiben.

Und bei den Erklärungen für gute Texte wird so richtig einen auf dicke Hose gemacht. Da wird von holistischen Inhalten, Entitäten, WDF*IDF und Semantik erzählt. Man kann es auch einfach Recherche nennen.  Ein guter Redakteur recherchiert ein Thema, bevor er darüber schreibt. Da kommen ganz automatisch die Begriffe in den Fokus, die ein Thema ausmachen.

Schreib ich über Weihnachtsmärkte, erzähle ich nichts vom weißen Pferd, sondern beschreibe die Glühweinstände oder den Duft von heißen Maronen. Für die SEOs, die eher von der technischen Seite kommen, ist das was ganz Neues. Für Schreiberlinge ist das ganz normal. Auch dass sie Synonyme verwenden. Das gehört einfach zum guten Schreiben dazu.

Will sagen: Mir ist das häufig zu abstrakt und theoretisch, was die SEO-Gurus von sich geben. Ich bin eher einer, der sofort loslegt, ohne mich zu sehr in irgendwelche wissenschaftliche oder pseudowissenschaftliche Details zu verstricken, die keine großen Vorteile bringen, dafür aber jede Menge Zeit fressen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich mittlerweile auf eine große Erfahrung bauen kann, was das Schreiben fürs Internet angeht.

Sicher ist nicht alles verkehrt, was aus Richtung der Suchmaschinenexperten kommt. Ich habe heute zum Beispiel sehr viel mehr Werkzeuge bei der Hand, die mir aufzeigen, wie ich meine Texte verbessern kann. Doch blind auf irgendwelche Tools zu vertrauen, macht keinen Sinn. Das eigene Gehirn ist gefragt. Nur so entstehen einzigarte Beiträge, die sich von den anderen unterscheiden, die die gleichen Tools nutzen.